Aus den nachfolgenden Gründen lehnt die CDU-Fraktion den Standort für den Rettungshubschrauber auf der Gemarkung Wannweil ab.

CDU- Fraktion Wannweil, den 26.7.2022
Ablehnung Standort Rettungshubschrauber

Lassen Sie mich für die CDU- Fraktion einsteigen mit einem Blick auf die Rahmenbedingungen zum Thema. Herr Professor Pühringer hat sie in seinem Vortrag vorgestellt.

Eine Verlegung des Rettungshubschraubers in unsere Raumschaft - und ich betone das Wort " Raumschaft " ist zweifellos notwendig und wünschenswert, um eine schnelle Notfallversorgung auch für die Schwäbische Alb lückenlos herzustellen. Da sind wir uns sicher alle einig.

Hier und heute geht es aber um die Frage, ob der geplante Standort Wannweil aus Wannweiler Sicht der richtige ist, oder eben nicht. Das ist der Punkt über den wir heute zu reden haben.

Mit dem Wannweiler Standort steht das Klinikum Am Steinenberg in Konkurrenz zu einer Kooperation des Uniklinikums und der BG Tübingen, die gemeinsam bereits einen Vorschlag für Tübingen eingereicht haben - nämlich den Hubschrauberstandort auf dem Dach eines Gebäudes der BG zu errichten. Das heißt, auch wenn wir heute dem Standort Wannweil zustimmen würden, kann das IM sich trotzdem für Tübingen entscheiden und der dortigen Planung den Vorzug geben.

Erste wesentliche Feststellung:

Unter dem Aspekt der Notfallversorgung kann der neue Einsatzraum südliche Schwäbische Alb also auch sehr gut von TÜ aus abgedeckt werden, sollte der GR Wannweil heute den Standort auf Gemarkung Wannweil ablehnen. In südlicher Richtung sind das 2 - 3 Minuten Flugzeit länger, in Richtung Norden, also in Richtung Stuttgart - und dort sind die häufigeren Einsätze - sogar entsprechend weniger.

Es ist uns wichtig, dies festzuhalten und deutlich zu machen. Deshalb nochmals. Es entsteht bei einer etwaigen Wannweiler Ablehnung keine Notfallversorgungslücke. Der Hubschrauber ist dann trotzdem in unserer Raumschaft angesiedelt.

Gestatten Sie mir einen Blick auf das Gutachten selbst.
Auf Seite 127 der Bedarfsanalyse spricht das Gutachten zunächst davon, den RTH Christoph 41 aufgrund festgestellter Versorgungslücken im Bereich der südlichen Schwäbischen Alb in den Landkreisen Sigmaringen und Zollernalb von Leonberg nach Tübingen zu verlegen. Von Reutlingen ist da nicht die Rede.

Erst an anderer Stelle wird dann erwähnt, dass mittels Simulationsmodell geprüft wurde, dass grundsätzlich auch ein Standort in Reutlingen geeignet wäre. Dann heißt es wörtlich: "Daraus ergeben sich mögliche Standorte auf einer Achse Tübingen-Reutlingen. Deutlich weiter südlich sollte der Standort nicht liegen." Zitat Ende. Aber was ist "Deutlich weiter südlich?"Der Gewerbepark Haid, der ein möglicher Standort gewesen und vom IM abgelehnt wurde, ist offensichtlich zu weit südlich. (Fläche steht nicht mehr zu Verfügung)

Das IM legt den Begriff "Achse Reutlingen/Tübingen offensichtlich derart eng aus, dass andere Möglichkeiten in unserer Raumschaft scheinbar nicht in Frage kommen. Das ist im Interesse einer Standortsuche sicher nicht hilfreich und wir appellieren an das Ministerium, auch andere Alternativen zuzulassen.

Wir denken da zum Beispiel auch an mögliche Standorte auf Gemarkung der Stadt Reutlingen, die als Oberzentrum durchaus auch in der Pflicht stehen könnte. Dies insbesondere, wenn der Landkreis derzeit einen Standort auf der "Grünen Wiese" für einen Neubau des Klinikums Reutlingen sucht. Beide Suchläufe könnte man sinnvoller Weise verbinden, denkt der Laie. Aber die Bewerbungsphase für den Hubschrauber ist eben jetzt - und die Standortfrage für ein neues Klinikum kann dauern.

Also 2. wesentliche Feststellung

Die Rahmenbedingungen für eine Standortsuche sind nach unserer Auffassung vom Gutachter, aber insbesondere auch vom Ministerium, in jeder Beziehung viel zu eng gehalten. (denn zwischen Tübingen und Reutlingen gibt es eigentlich nur die Gemarkung Kusterdingen, eben nicht im Landkreis Reutlingen liegend.)

Und an der Stelle ein paar wenige Sätze zum Areal Dr. Seuffer, das eigentlich alle Voraussetzungen erfüllt und modernisiert werden könnte. Knackpunkt: Möglicher An- und Abflugwinkel entsprechen um 2 Grad nicht mehr den heutigen Anforderungen. Vermutlich an den meisten Einsatzorten hat der Hubschrauber schlechtere Voraussetzungen als beim Areal Dr. Seuffer.

Dritte wesentliche Feststellung:

Dieser mögliche Standort sollte nochmals im Hinblick einer Ausnahmegenehmigung mit dem IM diskutiert werden.

Nun zum Ergebnis des aktuellen Gutachtens, das speziell unseren Standort beleuchtet. Herr Prof. Pühringer hat die Ergebnisse in seinem Vortrag vorgestellt, so dass ich im einzelnen nicht darauf eingehen möchte.

Vierte wesentliche Feststellung zu diesem Gutachten:

Gutachten und Planung ist das eine, die spätere Realität das andere.

Ein Hubschrauberstandort an dieser Stelle verändert das Landschaftsbild deutlich. Es entstehen Hangar, Unterkunftgebäude mit Sanitäreinrichtungen, 2 Landeplattformen, Parkplätze, evt. neue Zufahrtswege. Insgesamt wird ein Areal von 2,5 ha benötigt, aus Sicherheitsgründen weiträumig mit einem hohen Zaun umgeben.

Der Standort liegt in unmittelbarer Nähe zu einem ausgedehnten Wannweiler Streuobstbereich mit einer entsprechenden Vogelpopulation. Dieser Bereich ist Teil des Landschaftschutzgebietes Härten und die Obstwiesen und die Wege zwischen den angrenzenden Ackerflächen sind ein beliebter Naherholungsraum für die Wannweiler Bevölkerung mit schönen Ausblicken auf die Schwäbische Alb. Die Ackerflächen selbst sind Jagdgebiete von Bussard und Rotmilan und anderen Greifvögeln.

Der Landwirtschaft entzogen werden durch die Planung gesamt ca. 3 ha Ackerboden der Vorrangflur 1, also Ackerboden der höchsten und besten Qualitätsstufe.

Zum Thema Fluglärm ist zu sagen: Auch wenn das Gutachten deutlich macht, dass die Grenzwerte eingehalten werden. Für viele Bewohner unserer Gemeinde ist das doch ein Problembereich, den sie bei Realisierung des Standortes mit großer Sorge betrachten. Deutlich wurde dies auch bei der Informationsveranstaltung am 4.7.22 im Gemeindehaus.
Nun aber möchte ich zu einem Thema kommen, das die Gemeinde Wannweil als Körperschaft unmittelbar und in erheblichem Maße berührt und zur

5. wesentlichen Feststellung führt:

Das Thema heißt Fläche, oder anders gesagt Freihalten von Flächen zu unterschiedlichen Zwecken, mit unterschiedlichen Zielen. Freihalten von Flächen für zukünftige Generationen. Fläche wird dann zu einem gewichtigen Thema, wenn man wenig Fläche zur Verfügung hat. Und genau das ist bei uns in Wannweil der Fall.

Wannweil hat mit gerade mal 534 ha eine der kleinsten Gemarkungen in der gesamten Region, also in den Landkreisen Reutlingen, Tübingen, Zollernalb. Ich nehme jetzt mal die an Einwohnern etwa gleich große Gemeinde Engstingen als Beispiel, weil es am letzten Freitag im GEA zufällig zu lesen war. Es ging in Engstingen um die Verpachtung von 510 ha gemeindeeigener Äcker und Wiesen. Das ist bei uns die ganze Markung. Ich glaube, da werden die Relationen deutlich in denen wir uns in Wannweil bewegen.

Daraus resultiert für Wannweil ein sehr hoher Anteil an Siedlungs-und Verkehrsfläche, nämlich 31 %. Ein Prozentanteil, der nur von der Stadt Reutlingen als Oberzentrum mit 38 % Siedlungsfläche übertroffen wird.

Es ist bisher Konsens im Gemeinderat, dass wir aus diesen Gründen sparsam mit unseren wenigen Flächen umgehen und auch versuchen, den Außenbereich der Gemeinde von Bebauung freizuhalten. Derzeit ist die Fläche in der Mark als Regionaler Grünzug (Ackerflächen) als Vorbehaltgebiet ausgewiesen.

Bei einer Realisierung des Hubschrauberstandortes würden wir den bisherigen Konsens im Gemeinderat verlassen und damit auch das Bemühen, Frei- und Naturraum um unsere Gemeinde herum zu erhalten.

Aber das Freihalten dieser Flächen hat noch eine andere, zwar gegenteilige, aber eben auch sehr wichtige Bedeutung. Wannweil hat durch seine Tallage kaum Gewerbeflächen und demzufolge kaum Möglichkeiten, Gewerbe anzusiedeln. Wir hängen finanziell am Tropf des Landes, kommen aber durch sparsame Haushaltsführung bisher noch ganz gut zurecht.

Ob das bei den derzeitigen Entwicklungen so bleiben wird, weiß niemand. Die Fläche in der Mark ist das einzige zusammenhängende Gebiet, in denen in Zukunft nennenswerte Gewerbeansiedlungen für Wannweil möglich wären. In welchen Zwängen ein Wannweiler Gemeinderat in 10, 15, 20 Jahren steckt, wissen wir nicht. Wenn wir aber dort jetzt einen Hubschrauberstandort platzieren, gehen unserer Gemeinde nicht nur 2,5 ha., sondern vermutlich das doppelte an möglicher Gewerbefläche verloren. Denn eine Bebauung müßte sich nach dem An- und Abflugwinkel des Hubschraubers richten. Monetär lägen die Flächenerlöse im Millionenbereich. Hinzu kämen Verluste im Bereich zukünftiger etwaiger Gewerbesteuereinnahmen.

Vielleicht könnte es bei den heutigen großpolitischen Wetterlagen aber auch sein, dass wir in unserm Land einmal froh sind an jedem Quadratmeter Ackerboden, der für die Ernährung der Bevölkerung zur Verfügung steht.

Letzte wesentliche Feststellung:

Nochmals zur Klarstellung und zum Mitschreiben. Niemand - vor allem auch die CDU- Fraktion nicht - möchte unter heutigen Gesichtspunkten oder in naher Zukunft dort ein Gewerbegebiet realisieren. Aber wir möchten die Fläche freihalten. Heute als landwirtschaftlich genutzte Naturfläche, für zukünftige Gemeinderatsgremien für die jetzige Lösung oder eben auch für andere, in Zukunft denkbare Optionen.

Aus den genannten und dargelegten Gründen lehnt die CDU - Fraktion den Standort für den Rettungshubschrauber auf Gemarkung Wannweil ab. Wir tun dies nach sorgsamer Abwägung der uns bekannten Fakten und sehen die Interessenlage der Gemeinde Wannweil und ihrer Bewohner dadurch gewahrt.

Wir tun dies schweren Herzens, aber auch in der Gewissheit, dass bei einer etwaigen Entscheidung für den Standort Tübingen die Notfallversorgung auch auf der Schwäbischen Alb und für unseren Raum gesichert ist. Wir hoffen und wünschen jedoch, dass das Ministerium dann, wenn nur noch ein Vorschlag auf dem Tisch liegt, in ein neues Verfahren geht, in dem eine weitere Standortsuche in unserer Raumschaft für das Klinikum Reutlingen möglich wird und nicht mehr an derart enge Voraussetzungen gebunden ist.

Erich Herrmann für die CDU-Fraktion

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